Hochwasserrückhaltebecken „Am alten Bahndamm“, Rattwitz

Lage
Im Freistaat Sachsen, Landkreis Bautzen, Stadt Bautzen, Stadtteil Stiebitz, Dorflage Rattwitz
Bauherr
Stadt Bautzen, Hoch- und Tiefbauamt
Leistungen

Objektplanung LPh 2 bis 6 für ein Komplexbauwerk (Einlaufbauwerk mit Pfählen) inkl. Hochwasserentlastungsanlage, Überlaufschwelle und Auslassbauwerk sowie für die Umverlegung eines Gewässerlaufes; Variantenuntersuchung Innendichtung, Koordinierung Vermessung, Baugrund und Tragwerksplanung Lph 2 bis 6, Retentionsberechnung, Statische Nachweise der Innendichtung (Spundwand), Erstellung Erdstatik, Landschaftspflegerischer Begleitplan, Artenschutzfachbeitrag.

Fachbereich
Wasserbau
Bearbeitungszeitraum

ab 08/2016

Veranlassung

Der Jordanbach ist im Sinne des Wasserhaushaltsgesetzes ein Fließgewässer zweiter Ordnung. Die Hochwasserereignisse am Jordanbach (zuletzt im Jahr 2018) verursachten in Bautzen immer wieder starke Schäden am Gewässer und den anliegenden baulichen Anlagen. Die Stadt Bautzen veranlasste aus diesem Grund die Durchführung einer nachhaltigen Wiederaufbauplanung (nWAP), die für die bebauten Ortslagen Rattwitz und Seidau ein Schutzziel für zukünftige Hochwasserschadensereignisse von HQ100 vorsieht. Eine Einzelmaßnahme der nWAP sieht die Nutzung eines bestehenden Dammes der stillgelegten Bahnstrecke „Bautzen-Hoyerswerda“ als Hochwasserrückhaltebecken (HRB) für den Hochwasserschutz der unterhalb am Jordanbach liegenden Wohnbebauung vor.

Zielstellung

Ziel des Vorhabens ist die Errichtung eines Hochwasserrückhaltebeckens am Standort des alten Bahndammes. Dazu gehört die Ertüchtigung des Bahndammes als Absperrbauwerk, welche den fachlichen Anforderungen an eine Stauanlage nach DIN 19700 genügt. Der Rückhalt erfolgt durch die Begrenzung des Abflusses und Reduzierung des Hochwasserscheitels in einem Drosselbauwerk. Daneben wird für sehr seltene Hochwasserereignisse eine zusätzliche Hochwasserentlastungsanlage als Dammscharte angeordnet.

Das Gesamtprojekt „HRB Am alten Bahndamm“ wird in sechs Teilobjekte (TO) unterteilt:

  • Teilobjekt 1: Innendichtung (Spundwand)
  • Teilobjekt 2: Einlaufbauwerk mit Drossel, Hochwasserentlastungsanlage und Auslaufbauwerk
  • Teilobjekt 3: zusätzliche Überlaufstrecke als Dammscharte
  • Teilobjekt 4: Bahndammverbreiterung
  • Teilobjekt 5: Abdeckung Altablagerungen am Bahndamm
  • Teilobjekt 6: Umleitung Gewässer (Entwässerungsgraben)

Für das HRB „Am alten Bahndamm“ wird das HQ100 als Bemessungshochwasser BHQ3 festgelegt. Für die Umgestaltung von einem Bahndamm zu einem Absperrbauwerk wurde die iKD Ingenieur-Consult GmbH durch die Stadt Bautzen (Hoch- und Tiefbauamt) beauftragt.

Planungsleistung

Im Ergebnis der Variantenuntersuchung zur Ertüchtigung des Bahndammes als Absperrbauwerk wurde das Einbringen einer Spundwand sowie der Bau eines Drosselbauwerkes als Vorzugsvariante ermittelt.
Im Rahmen des Landschaftspflegerischen Begleitplanes mit integriertem Artenschutzfachbeitrag wurde herausgearbeitet, dass die Umsetzung des HRB „Am alten Bahndamm“ u. a. baubedingt zu Beeinträchtigungen im Gewässer, Schadstoffemissionen, Schallemissionen und Staubemissionen sowie anlagebedingt u. a. zum Verlust von gewässerbegleitenden Gehölzbeständen führt. Zur Verminderung negativer Vorhabenwirkungen sowie zur Vermeidung von artenschutzrechtlichen Verbotstatbeständen gemäß § 44 BNatSchG sind Schutz-, Ausgleichs‑, Ersatz- und CEF-Maßnahmen erforderlich.
Unter Berücksichtigung aller landschaftspflegerischen Maßnahmen besteht ein ausgeglichenes bzw. positives Verhältnis zwischen Eingriffs- und Kompensationsumfang.
Die Abdichtung des ehemaligen Eisenbahndammes erfolgt mit einer Spundwand als Innendichtung. Aufgrund der zahlreichen Gehölze stellt die Spundwand einen minimalen Eingriff in den Gehölzbestand dar. Die Spundwand wurde so bemessen, dass selbst bei einem massiven Windwurf auf der Landseite des Absperrbauwerkes die Innendichtung standsicher bleibt.
Der Bestandsdurchlass unter den Bahndamm bleibt in seiner ursprünglichen Form erhalten. Vor den Bestandsdurchlass wird ein Einlaufbauwerk errichtet. Aufgrund der herausfordernden Baugrundverhältnisse wurde dieses Bauwerk auf sechs Pfählen mit einem Durchmesser von 0,88 m und einer Länge von 9,50 m gegründet.
Der Normalabfluss des Jordanbaches erfolgt über eine rechteckige Drosselöffnung an der Stirnseite des Einlaufbauwerks.
Die Hochwasserentlastung erfolgt sowohl an den seitlichen Flanken des Einlaufbauwerkes als auch über eine Dammscharte nördlich des Einlaufbauwerkes. Letztere wurde angeordnet, um im Bestandsdurchlass, einem gemauerten Tonnengewölbe, einen Druckabfluss zu verhindern. Die Dammscharte ist 30,00 m breit.
Die Hochwasserentlastungsanlagen wurden so geplant, dass bei Veränderung der hydraulischen Randbedingungen (Klimawandel etc.) die Überfallhöhe angepasst werden kann. Für Wartung bzw. Unterhaltungsarbeiten im Einlaufbauwerk bzw. Bestandsdurchlass ist das Bauwerk über einen Steg und eine Leiter zugänglich. Ein Schieber gewährleistet den kontrollierten Auf- und Abstau der Anlage (z. B. für Funktionsprüfungen).
Unmittelbar nördlich des Bestandsdurchlasses muss der Damm auf einer Länge von 20,00 m verbreitert werden, um die Standsicherheit zu gewährleisten.
Am luftseitigen Auslass des Bestandsdurchlasses wird die Sohle mit einer Steinschüttung befestigt, um eine rückschreitende Erosion zu verhindern.
Im Zuge der Baumaßnahme soll eine Hangverkippung im südlichen Bereich des HRB mit einer Tonabdeckung geschützt werden, um zu verhindern, dass es bei fallendem Wasserspiegel im HRB zu einem Austrag von Verunreinigungen aus der Altablagerung kommt.
Das anfallende Regenwasser aus einem Einzugsgebiet, welches nördlich der BAB 4 liegt und aktuell entlang der Salzenforster Straße abfließt, soll in das zukünftige HRB eingeleitet werden. Dafür wird ein namenloser Graben, der von einer Quelle gespeist wird und derzeit erst unterhalb des alten Bahndammes in den Jordanbach fließt, so umgeleitet werden, dass er oberhalb des Bahndammes in den Jordanbach mündet. Dafür wird ein neuer Gewässerlauf angelegt.